„Gedenken kann die Qualen der Opfer und das Unrecht der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft nicht ungeschehen machen. Aber indem wir an sie erinnern und das unfassbare Leid aussprechen, geben wir den Opfern Würde zurück, die ihnen durch systematische Entrechtung genommen wurde“, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Dr. Volker Wissing bei der zentralen rheinland-pfälzischen Veranstaltung zum Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus in Koblenz.
„Beschämend und bedrückend“ nannte Wissing die Tatsache, „dass das Leiden vieler Opfer auch nach dem Ende der NS-Zeit noch nicht zu Ende war.“ Gesetze aus dieser Zeit hätten noch lange ihre Geltung behalten. Zum Beispiel für Homosexuelle der Paragraf 175 Strafgesetzbuch in seiner von den Nationalsozialisten verschärften Form. Auch in Rheinland-Pfalz wurden Männer noch lange Zeit im Namen von „Sittlichkeit und Ordnung“ verfolgt und verhaftet. Erst 1994 wurde der Paragraf aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.
Die Rolle der NS-Justiz steht im Mittelpunkt des Gedenkens in Rheinland-Pfalz in diesem Jahr. Sie schuf den von rechtsstaatlichen Grundsätzen entkleideten „rechtlichen Rahmen“ für die Verfolgung von Juden, Oppositionellen und Minderheiten.
„Während die Opfer vielfach um eine politische Anerkennung ihres Leidens und eine Entschädigung dafür kämpfen mussten, kamen viele Täter ohne Anklage oder mit milden Urteilen davon“, so der stellvertretende Ministerpräsident Dr. Volker Wissing. Eine große Zahl von NS-Juristen habe, wie es im Amtsdeutsch hieß, umgehend erneut „Verwendung“ gefunden, bis in höchste Ämter hinein. Auch in Rheinland-Pfalz.
„Im Wissen um die Zerbrechlichkeit des Rechtsstaats bedeutet Gedenken an die Opfer der Nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, Verantwortung zu übernehmen für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung“, mahnte Wissing: „Die Haut der Zivilisation ist dünn.“
Susanne Keeding
Pressesprecherin
Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau
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