Nachprüfung

Wenn Sie als Unternehmen in einem Vergabeverfahren um einen öffentlichen Auftrag den Zuschlag nicht erhalten sollen und Sie mit dieser Entscheidung aufgrund von vergaberechtlichen Verstößen nicht einverstanden sind, dann können Sie eine Nachprüfung in die Wege leiten. Wir informieren Sie darüber, unter welchen Voraussetzungen Ihnen diese Möglichkeit offensteht und was Sie dabei beachten müssen.

Nachprüfung durch die Vergabeprüfstelle im Unterschwellenbereich

Bei öffentlichen Aufträgen im Unterschwellenbereich (bis 215.000 Euro bei Liefer- und Dienstleistungen und 5.382.000 Euro bei Bauleistungen) entscheidet die Vergabeprüfstelle über Ihre Beanstandung. Die Vergabeprüfstelle für Rheinland-Pfalz ist dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau zugeordnet.

Die Möglichkeit einer Nachprüfung besteht bei wirtschaftlich bedeutsamen öffentlichen Aufträgen, die die folgenden Prüfungswertgrenzen erreichen oder überschreiten:

  • Für zu vergebende Bauleistungen:
    • 100.000 Euro ohne Umsatzsteuer (vom 1. Juni 2021 bis zum 30. Juni 2022)
    • 75.000 Euro ohne Umsatzsteuer (seit dem 1. Juli 2022)
  • Für zu vergebende Liefer- und Dienstleistungen:
    • 75.000 Euro ohne Umsatzsteuer (seit 1. Juni 2021)

Als Bieter oder Bewerber erhalten Sie nach Prüfung bzw. Wertung der Angebote von dem öffentlichen Auftraggeber eine Information über die Nichtberücksichtigung Ihres Angebots oder Ihrer Bewerbung nebst Hinweisen zu einem möglichen Nachprüfungsverfahren (sog. Vorabinformation). Für die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens bedarf es einer Beanstandung Ihrerseits. Diese muss unmittelbar bei dem öffentlichen Auftraggeber eingereicht werden. Hierzu haben Sie in der Regel sieben Kalendertagen Zeit. Einzelheiten ergeben sich aus der Vorabinformation.

Der öffentliche Auftraggeber wird die Beanstandung prüfen. Erweist sich die Beanstandung als zutreffend, hilft er ihr ab. Hilft er ihr nicht ab, leitet der öffentliche Auftraggeber Ihre Beanstandung an die Vergabeprüfstelle weiter, wenn Sie nicht auf eine weitere Überprüfung durch die Vergabeprüfstelle verzichten.

Wichtig: Ihr erster Ansprechpartner für den Fall einer Nachprüfung ist der öffentliche Auftraggeber bzw. die Vergabestelle, nicht die Vergabeprüfstelle.

Welche formalen Voraussetzungen muss ich bei einer Beanstandung beachten?

Die Beanstandung bedarf der Schriftform (§ 126 BGB). Sie sollten dabei den Sachverhalt aus Ihrer Sicht erläutern und darlegen, inwiefern eine Verletzung des Vergaberechts vorliegt. Dabei müssen Sie auch die Beanstandungsfrist von (mindestens) sieben Kalendertagen nach Absendung der Vorabinformation durch den öffentlichen Auftraggeber beachten.

Bitte beachten Sie: Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der öffentliche Auftraggeber die Vorabinformation über Ihre Nichtberücksichtigung abgesendet hat. Wann Sie diese Information erhalten oder zur Kenntnis nehmen, ist für die Berechnung der Frist unerheblich. Ihre Beanstandung muss spätestens am Tag vor dem vom öffentlichen Auftraggeber in der Vorabinformation genannten Zuschlagstermin eingehen.

Bei der Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens muss die Beanstandung der Schriftform nach § 126 BGB genügen. Das Beanstandungsschreiben muss hiernach mit einer eigenhändigen Unterschrift versehen sein. Sie können das eigenhändig unterschriebene Beanstandungsschreiben auf dem Postweg oder per Fax an den öffentlichen Auftraggeber übermitteln. Eine andere Möglichkeit der formwirksamen Übermittlung besteht darin, das eigenhändig unterschriebene Beanstandungsschreiben einzuscannen und das eingescannte Dokument - in der Regel als PDF-Datei - per E-Mail oder über die Nachrichtenfunktion der Vergabeplattform an den öffentlichen Auftraggeber zu übermitteln.

Beachten Sie: Maßgeblich für die Wahrung der Beanstandungsfrist ist der Eingang beim öffentlichen Auftraggeber. Um zu vermeiden, dass eine E-Mail nicht ungelesen im Spam-Filter landet, empfiehlt es sich vorab gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber die Übermittlung der Beanstandung anzukündigen.

Sie müssen

  • einen vor der Vorabinformation erkannten Vergaberechtsverstoß innerhalb von sieben Kalendertagen,
  • einen aufgrund der Bekanntmachung erkennbaren Vergaberechtsverstoß bis zum Ende der Angebots- bzw. Bewerbungsfrist
  • einen aufgrund der Vergabeunterlagen erkennbaren Vergaberechtsverstoß bis zum Ende der Angebots- bzw. Bewerbungsfrist

gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber geltend machen. 

Kommen Sie dieser Rügeobliegenheit nicht nach, weist die Vergabeprüfstelle den verspätet geltend gemachten Vergaberechtsverstoß aus formalen Gründen zurück. Diese sog. Rügeobliegenheit dient dazu, dem öffentlichen Auftraggeber die Möglichkeit einzuräumen, Fehler noch im Vergabeverfahren zu beheben.

Wenn

  • ohne Vorabinformation oder
  • vor Ablauf der Wartefrist von mindestens sieben Kalendertagen nach Absendung der Vorabinformation

der Zuschlag erteilt wurde, können Sie auch bei bereits erteiltem Zuschlag ein Nachprüfungsverfahren einleiten.

Die Beanstandung

  • muss dann innerhalb eines Monats seit Kenntnis vom Vertragsabschluss und
  • darf nicht später als drei Monate nach dem Vertragsschluss

erfolgen.

Stellt die Vergabeprüfstelle eine Verletzung von Vergabevorschriften im Vergabeverfahren fest, kann sie beispielsweise dem öffentlichen Auftraggeber untersagen, den Zuschlag zu erteilen und/ oder ihn verpflichten, das Vergabeverfahren zurückzuversetzen, aufzuheben und/ oder erneut durchzuführen.

Hat der öffentliche Auftraggeber während der siebentätigen Wartefrist oder innerhalb der zweiwöchigen Entscheidungsfrist der Vergabeprüfstelle oder ohne Versand einer Vorabinformation den Zuschlag erteilt, kann die Vergabeprüfstelle bei Hinzutreten eines weiteren Vergaberechtsverstoßes die Unwirksamkeit dieses öffentlichen Auftrags feststellen. Voraussetzung in diesem Fall: Es muss sich um einen Vergaberechtsverstoß handeln, der Auswirkungen auf die Zuschlagsentscheidung hatte.

Die Vergabeprüfstelle übermittelt ihre Entscheidung dem öffentlichen Auftraggeber, dem beanstandenden Unternehmen und der Aufsichtsbehörde.

Haben Sie bei Ihrer Beanstandung auf die Nachprüfung vor der Vergabeprüfstelle verzichtet und soll diese lediglich vom öffentlichen Auftraggeber zwecks Abhilfe überprüft werden, entstehen Ihnen keine Kosten.

Die Nachprüfung durch die Vergabeprüfstelle ist demgegenüber gebührenpflichtig. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem sachlichen und persönlichen Aufwand der Vergabeprüfstelle und der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands der Nachprüfung. Sie beträgt mindestens 100 Euro und soll 2.500 Euro nicht überschreiten.

Hat Ihre Beanstandung Erfolg, entstehen Ihnen keine Gebühren.

Beachten Sie: Aufwendungen, die Sie für eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung wie beispielsweise die Beauftragung eines Rechtsanwalts tätigen, werden nicht erstattet.

Nachprüfung durch die Vergabekammer im Oberschwellenbereich

Bei öffentlichen Aufträgen im Oberschwellenbereich (ab 221.000 Euro bei Liefer- und Dienstleistungen und 5.538.000 Euro ab Bauleistungen) entscheidet die Vergabekammer Rheinland-Pfalz über Ihren Nachprüfungsantrag. In Rheinland-Pfalz gibt es zwei Spruchkörper (1. Vergabekammer und 2. Vergabekammer), die im Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau angesiedelt sind.

Weitere Informationen über die Nachprüfung durch die Vergabekammer Rheinland-Pfalz finden Sie auf der Seite der Vergabekammer.

Kontakt Vergabeprüfstelle

Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau
- Vergabeprüfstelle -
Stiftsstraße 9
55116 Mainz


vergabepruefstelle(at)mwvlw.rlp.de
06131 16-2546, -2295

Finger und eine Brille liegen auf einem Blatt Papier, welches den Schriftzug Entscheidung trägt.
Entscheidungen der Vergabeprüfstelle
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