Die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz ist so solide aufgestellt wie seit über 30 Jahren nicht mehr“, stellte Wirtschaftsministerin Eveline Lemke fest. „Der Jahreswirtschaftsbericht 2010 zeigt eindrucksvoll, dass wir aufatmen können. Die Wirtschaft in Rheinland-Pfalz hat sich von den Auswirkungen der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise erholt. Viele Branchen stehen wieder so gut da wie vor der Krise oder sogar besser.“ Das zeige sich auch im Vergleich der Länder, wo Rheinland-Pfalz ausgezeichnet dastehe. „Wir haben eine starke Wirtschaft und es ist unser Ziel, diese Stärke nicht nur zu erhalten, sondern qualitativ auf hohem sozialen und ökologischen Niveau auszubauen. Die Erholung der Wirtschaft wird sich 2011 weiter fortsetzen. Darauf deuten sowohl die Stimmungsindikatoren hin, als auch die Zuwächse bei der Produktion und den Aufträgen, die sich in den ersten Monaten des Jahres bereits eingestellt haben“, zeigte sich Ministerin Lemke optimistisch. Die Energiewende bringe enorme Chancen mit sich. „Der Ausbau der Erneuerbaren Energien, die Entwicklung von Innovationen und neuen Geschäftsfeldern sowie die Fachkräfteoffensive bietet gerade für kleine und mittelständische Unternehmen im Land viele Möglichkeiten.“
Im Jahr 2010 ist das Bruttoinlandsprodukt, die Summe der im Land erbrachten wirtschaftlichen Leistungen, preisbereinigt um 4,8 Prozent gestiegen (Deutschland: plus 3,6 Prozent). „Damit hat Rheinland-Pfalz im Vergleich der Bundesländer das zweitstärkste Wachstum erzielt“, fügte Präsident Jörg Berres hinzu.
Den größten Wachstumsbeitrag hat das verarbeitende Gewerbe geleistet, das in Rheinland-Pfalz im Vergleich zu Deutschland einen überdurchschnittlichen Anteil an der Wertschöpfung hat und durch den weltweiten Konjunktureinbruch besonders stark eingebrochen war. Die Wertschöpfung der Industrie erhöhte sich real um 16 Prozent (Deutschland: plus 11 Prozent). Mit der weltweiten konjunkturellen Erholung ist vor allem die Nachfrage nach Vorleistungsgütern kräftig gestiegen, aber auch die Nachfrage nach Investitionsgütern zog wieder an. Die rheinland-pfälzische Industrie ist auf die Produktion und den Export dieser Güter spezialisiert und hat deshalb von dieser Entwicklung besonders profitiert.
„Der rheinland-pfälzische Arbeitsmarkt hat sich in den vergangenen beiden Jahren viel flexibler gezeigt als Experten erwartet hatten“, stellt Ministerin Lemke fest. Durch diese hohe Flexibilität konnten Arbeitgeber während der Rezession die Auslastung ihrer Produktionskapazitäten rasch anpassen und dadurch Mitarbeiter über die Wirtschaftskrise hinweg halten. Die Erwerbstätigkeit ist in der Krise nur wenig gesunken (minus 0,2 Prozent). Damit war es den Unternehmen aber auch möglich, auf den überraschend schnellen konjunkturellen Aufschwung zügig zu reagieren, indem sie ihre Beschäftigten wieder besser auslasteten.Die Zahl der Erwerbstätigen ist 2010 sogar auf einen neuen Höchststand gestiegen (1,86 Millionen Erwerbstätige; plus 0,6 Prozent). Diese Entwicklung hat sich im ersten Quartal 2011 verstärkt fortgesetzt (plus 1,7 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2010).
Das Wirtschaftsjahr 2010 im Detail
Außenhandel: Warenexporte und Warenimporte kräftig gestiegen
Für den internationalen Warenhandel haben sich die Rahmenbedingungen 2010 deutlich verbessert, nachdem es 2009 als Folge der weltweiten Wirtschaftskrise einen deutlichen Einbruch gegeben hatte. Die rheinland-pfälzischen Unternehmen verkauften im Jahr 2010 Waren für mehr als 40 Milliarden Euro ins Ausland (plus 17 Prozent; Deutschland: plus 24 Prozent). Dieser kräftige Anstieg resultierte zu einem beträchtlichen Teil aus der steigenden Nachfrage nach Vorleistungsgütern (plus 13 Prozent), die mehr als die Hälfte der rheinland-pfälzischen Exporte ausmachen. Die wichtigsten Vorleistungsgüter, die von Unternehmen in Rheinland-Pfalz produziert und exportiert werden, sind chemische Grundstoffe und pharmazeutische Produkte. Noch stärker ist der Export von Investitionsgütern gestiegen (plus 24 Prozent). Zu den Investitionsgütern, die in Rheinland-Pfalz hergestellt werden, zählen u. a. Kraftwagen und Kraftwagenmotoren sowie Maschinen. Die Investitionsgüter tragen gut ein Viertel zur Warenausfuhr bei. Die rheinland-pfälzischen Exporte gehen überwiegend in die Länder der Europäischen Union (Anteil 2010: 60 Prozent). Die Ausfuhr in die EU-Länder ist nur unterdurchschnittlich gewachsen (+16 Prozent). Die wichtigsten Handelspartner der rheinland-pfälzischen Exportwirtschaft blieben Frankreich (plus 16 Prozent) und die USA (minus 2,9 Prozent). Besonders kräftig sind die Exporte nach China gestiegen (plus 38 Prozent), das als Absatzmarkt eine immer größere Bedeutung gewinnt.
Der Warenimport nach Rheinland-Pfalz ist ebenfalls deutlich gestiegen. Im Jahr 2010 wurden Güter im Wert von 27,5 Milliarden Euro eingeführt – verglichen mit 2009 ein Anstieg um 27 Prozent. Auch auf der Importseite erhöhte sich in erster Linie die Einfuhr von Vorleistungsgütern (plus 33 Prozent) und Investitionsgütern (plus 13 Prozent). Von den Warenimporten rheinland-pfälzischer Unternehmen profitieren vor allem die Länder der Europäischen Union. Aus der EU kamen über 60 Prozent der Einfuhren. Der größte Lieferant war 2010 Belgien (Anteil: elf Prozent); die Importe aus Belgien, das sind vorwiegend chemische Grundstoffe und Mineralölerzeugnisse, stiegen um 34 Prozent.
Die Exporte sind auch im ersten Quartal 2011 deutlich gestiegen (plus 19 Prozent; Deutschland: plus 19 Prozent). Das weltwirtschaftliche Umfeld wird allerdings schwieriger, sodass sich der Exportzuwachs im weiteren Verlauf des Jahres abschwächen könnte.
Verarbeitendes Gewerbe: Umsätze steigen nach der Wirtschaftskrise wieder kräftig
Im Jahr 2010 setzten die Betriebe des verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden mit 50 und mehr Beschäftigten 74,6 Milliarden Euro um. Sie konnten damit einen Großteil des Umsatzrückgangs des Vorjahres wettmachen, blieben aber um 4,1 Prozent hinter dem Spitzenwert aus dem Jahr 2008 (77,8 Milliarden Euro) zurück. Im abgelaufenen Jahr belief sich der Umsatzanstieg in der Industrie infolge des weltweiten Aufschwungs auf 19 Prozent (Deutschland: plus 15 Prozent). „Etwa die Hälfte der Umsätze werden im Ausland erwirtschaftet. Aufgrund dieser hohen Exportabhängigkeit hatte der weltweite konjunkturelle Einbruch die Industrie im Jahr 2009 besonders stark getroffen. Im Jahr 2010 konnte die heimische Wirtschaft dagegen insbesondere über die Exporte vom weltweiten Aufschwung profitieren“, erklärte Präsident Jörg Berres. Die Umsätze im rheinland-pfälzischen verarbeitenden Gewerbe waren in allen Quartalen des Jahres höher als im Vorjahr. Besonders erfreulich war die Verbesserung im vierten Quartal (plus 20 Prozent), da dieser Anstieg im Vergleich zu den bereits anziehenden Umsatzzahlen des vierten Quartals 2009 zu sehen ist.
Die aktuelle Entwicklung stimmt weiter optimistisch: Im ersten Quartal 2011 gab es wiederum Umsatzzuwächse um 20 Prozent (Inland: plus 17 Prozent; Ausland: plus 23 Prozent). Auch die Indizes der Produktion und der Auftragseingänge – die als quantitative Indikatoren der Konjunkturentwicklung gelten – erhöhten sich in den ersten drei Monaten 2011 deutlich (plus 14 bzw. 18 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2010).
Baugewerbe: Sinkende Umsätze im Bauhauptgewerbe
Das Bauhauptgewerbe hat 2010 von dem kräftigen Wirtschaftsaufschwung nicht profitiert. Die baugewerblichen Umsätze in den Betrieben mit 20 und mehr Beschäftigten sind um 4,4 Prozent gesunken (Deutschland: minus 2,4 Prozent). Verantwortlich dafür war vor allem der gewerbliche Hochbau, dessen Umsatz sich um knapp 17 Prozent verringerte. Rückläufig waren auch die Umsätze des öffentlichen Tiefbaus (minus 3,2 Prozent) und des Straßenbaus (minus 4,8 Prozent). In diesen beiden Teilbereichen könnten auslaufende Konjunkturprogramme die Ursache für die rückläufige Geschäftsentwicklung gewesen sein.
Das Jahr 2011 hat für das Baugewerbe gut begonnen; in den ersten vier Monaten des Jahres gab es kräftige Umsatzzuwächse. Für den Zeitraum Januar bis April 2011 waren die baugewerblichen Umsätze um 14 Prozent höher als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum; der Hochbau legte um acht Prozent und der Tiefbau sogar um 21 Prozent zu.
Handel mit Umsatzplus, Gastgewerbe mit leichten Einbußen
Nach kräftigen Umsatzeinbußen im Krisenjahr 2009 verbuchte der Großhandel, der den überwiegenden Teil seines Umsatzes mit der Industrie und dem Handwerk macht, einen realen Umsatzanstieg von 1,5 Prozent (Deutschland: plus 6,2 Prozent). Auch der Einzelhandel konnte Ergebnisverbesserungen vermelden (plus 0,8 Prozent; Deutschland: plus 1,4 Prozent).
Der Umsatz im Gastgewerbe nahm im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozent ab (Deutschland: minus 0,7 Prozent). Während der Teilbereich Gastronomie zulegen konnte (plus 1,2 Prozent), sanken die Ergebnisse im Beherbergungsgewerbe (minus 2,7 Prozent).
Anstieg der Verbraucherpreise stärker als im Vorjahr
Die Preisentwicklung wurde im Jahr 2010 nach der weltweiten Wirtschaftskrise in erster Linie durch die Verteuerung von Rohstoffen und Vorleistungsgütern bestimmt. Trotz der starken Preisanstiege bei Heizöl und Kraftstoffen lag der Verbraucherpreisindex für Rheinland-Pfalz im Jahresdurchschnitt aber nur um 1,1 Prozent höher als im Vorjahr (Deutschland: ebenfalls plus 1,1 Prozent). Damit blieb der Anstieg deutlich unter der für die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank bedeutsamen Zwei-Prozent-Marke. Erst zum Jahresende zogen die Verbraucherpreise kräftiger an und kamen im Dezember auf die höchste Teuerungsrate im Jahresverlauf (plus 1,7 Prozent).
Zum Jahresbeginn 2011 hat sich der Preisauftrieb weiter verstärkt. Im April wurde mit plus 2,2 Prozent der höchste Anstieg seit Oktober 2008 registriert. Zuletzt hat sich Verbraucherpreisindex im Mai um 2,1 Prozent erhöht. Diese Verteuerung wird in erster Linie durch die im Vorjahresvergleich kräftig steigenden Heizöl- und Kraftstoffpreise bestimmt.
Schnelle Erholung am Arbeitsmarkt
Der Arbeitsmarkt hat aufgrund seiner Flexibilität schnell auf den konjunkturellen Aufschwung reagiert. So wurden nicht nur die leichten Beschäftigungsrückgänge aus dem Vorjahr wieder aufgeholt, sondern die Zahl der Erwerbstätigen erreichte mit 1,86 Millionen sogar einen neuen Höchststand (plus 0,7 Prozent; Deutschland: plus 0,5 Prozent). Die Entwicklungen innerhalb der Wirtschaftsbereiche verliefen sehr unterschiedlich. Während im verarbeitenden Gewerbe weitere Arbeitsplätze verloren gingen (minus 1,3 Prozent; Deutschland: minus 1,8 Prozent), erwies sich der Dienstleistungssektor erneut als Jobmotor (plus 1,2 Prozent; Deutschland: plus 1,1 Prozent).
Auch die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nahm wieder zu. Im Juni 2010 übten 1,22 Millionen Menschen eine solche Beschäftigung aus; das waren 1,4 Prozent mehr als im Vorjahr (Deutschland: plus 1,2 Prozent). Gleichzeitig sank die Zahl der registrierten Arbeitslosen im Jahresdurchschnitt um 5,7 Prozent auf rund 119 900 Arbeitslose. Mit 5,7 Prozent – bezogen auf alle zivilen Erwerbspersonen – hatte Rheinland-Pfalz nach wie vor die drittniedrigste Arbeitslosenquote aller Bundesländer.
Die Zeichen für das Jahr 2011 stehen gut: Am rheinland-pfälzischen Arbeitsmarkt ist ein überdurchschnittlicher Beschäftigungsausbau zu beobachten – auch im verarbeitenden Gewerbe, das von der Wirtschaftskrise stark betroffen war. Und die Arbeitslosigkeit ist in den ersten Monaten stetig gesunken. Im Mai 2011 lag die Arbeitslosenquote mit 5,2 Prozent um 0,5 Prozentpunkte unter dem vergleichbaren Wert des Vorjahres.
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