Wie schätzen Sie die Situation in Argentinien für ausländische Unternehmen ein?
Wirtschaftsministerin Lemke: Mein Eindruck auf dieser Reise ist, dass das ehemalige Wirtschaftswunderland auf der Suche nach einer neuen Perspektive ist. Aus der Sicht deutscher Unternehmen, die in Argentinien ansässig sind, hat sich das Land in den letzten Jahren von den internationalen Finanzmärkten abgeschottet und kämpft mit dem Staatsbankrott. Deutsche Unternehmen sehen Argentinien kontinuierlich auf dem Weg in die Isolation. Das haben sie uns in Gesprächen immer wieder deutlich gemacht. Es macht den Eindruck, dass internationale Unternehmer hier eher zurückhaltend agieren und warten, dass der Sturm vorüber ist. Gleichzeitig bringen sie sich in die Position, sofort loslegen zu können, wenn der Weg wieder frei ist.
Die protektionistische Politik von Präsidentin Kirchner ist ein Hemmschuh. Wo setzen Sie als Politikerin eines exportstarken Landes an?
Wirtschaftsministerin Lemke: Deutsche Technologie genießt hier Weltruf, darauf setzen wir. Das Megawachstum der Städte verlangt dringend nach Umwelttechnologie, nach Organisation und Management von Infrastruktur. Unsere Technologien rechnen sich, das ist hier vermittelbar.
Beim Botschafterempfang in Buenos Aires hat ein Gast auf Ihre Ansage hin, die Delegation wolle Türen öffnen in Argentinien, gesagt: „Die traut sich was.“
Wirtschaftsministerin Lemke: Mit etwas gutem Willen finden Menschen immer Wege zueinander, auch wenn ihre politischen Auffassungen unterschiedlich sein mögen. Wir sind im Dialog, und natürlich wollen wir dabei auch neue Türen für eine weitere, gute Zusammenarbeit öffnen. Die Gespräche finden auf Augenhöhe statt, in sehr angenehmer, freundschaftlicher Atmosphäre. Mit dem richtigen freundlichen diplomatischen Ton kann ich da auch unserer Überzeugung Ausdruck verleihen, dass der Bau von Atomkraftwerken keine gute Idee und wirtschaftliche Isolation ein Spiel mit dem Feuer ist.
Welche Kontakte in Argentinien waren für Sie besonders wertvoll?
Wirtschaftsministerin Lemke:Für unsere Unternehmer waren es natürlich die Kontakte zu anderen interessierten Unternehmen. Als politischer Türöffner waren insbesondere die Begegnungen mit Staatssekretär Cameron, der auch für Wirtschaft und Energie zuständig ist, sowie mit dem Leiter der Europaabteilung, dem Gesandten der Bundesregierung Raul Guastavino wertvoll. Wir konnten über die Chancen von Green Technology und unseren Beitrag hier in Argentinien reden. Wir wollen aus Rheinland-Pfalz mit unseren innovativen Produkten und Technologien Impulse geben für eine stärkere Zusammenarbeit zwischen Europa und Südamerika. Ich sehe hier in der Zukunft gute Chancen.
Die mitreisenden Unternehmer haben sich nach den Kooperationsgesprächen positiv geäußert. Wo sehen Sie die Chancen für den Mittelstand in Rheinland-Pfalz?
Wirtschaftsministerin Lemke: Argentinien ist groß, auf lange Sicht suchen wir eine Partnerprovinz für die Zusammenarbeit. Die Hauptstadt dient als Ausgangspunkt. Die Bereiche Green Technology, Agrotechniken, die Chemie und die Erneuerbaren Energien können sich hier gut platzieren. Auch für unsere handwerklichen Techniken und Lösungen gibt es Nachfrage.
Das Niveau bei Bildung und Wissenschaft ist in Argentinien sehr hoch.
Wirtschaftsministerin Lemke:In der Tat, es gibt hier hoch exzellente Institute und Universitäten. Wir wollen gerne gemeinsam an der Intensivierung von Schüler- und Studentenaustausch arbeiten. Eine breite Gruppe mit mittlerem Bildungsniveau, wie sie bei uns als Ergebnis unseres dualen Systems anzutreffen ist, gibt es in Argentinien in dieser Form nicht.
Bieten die Erneuerbaren Energien Möglichkeiten der Zusammenarbeit?
Wirtschaftsministerin Lemke:Ja. Die Erneuerbaren Energien bieten auf jeden Fall Potential. Nicht nur unser Know-How ist gefragt, unsere Delegationsteilnehmer sind konkret um Beteiligung an Ausschreibungen zu Windkraft- und Netzausbau gebeten worden. Wir sehen zudem Potential in der Biomasse, und hier besonders in der Nutzung von organischen Abfällen, die in der intensiven Landwirtschaft hier massenhaft anfallen. Dieses Potential liegt brach, das Interesse ist groß. Für einen Workshop zu diesem Thema gab es mehr als hundert Interessenten.
Landesregierung und Landesparlament unterstützen diese Reise der Wirtschaftsdelegation. Worin liegen die Vorteile eines gemeinsamen Vorgehens?
Wirtschaftsministerin Lemke:Als politische Türöffner begegnen wir sowohl der Regierung als auch den Abgeordneten. Der Dialog muss vielschichtig gestaltet werden, auch mit der Opposition stattfinden. Da bietet sich ein gemeinsamer Besuch an, um nicht nur über Entscheidungsfindung und exekutive Umsetzung, sondern auch über Meinungsbildung, Demokratie und Bürgerbeteiligung zu sprechen. Und er darf keine Einbahnstraße bleiben: Wir freuen uns jetzt schon auf den Gegenbesuch der Deutsch-Argentinischen Freundschaftsgruppe.
Soll die Verbindung nach Argentinien ausgebaut werden und in welche Richtung?
Wirtschaftsministerin Lemke:Wir haben jetzt auch auf politischer Ebene Kontakte für die Wirtschaft und mittelständische Unternehmen in Argentinien knüpfen können. Die Chancen unserer Wirtschaft sind da. Jetzt ist es an den Unternehmen, den Weg erfolgreich weiter zu gehen und diese Chancen zu nutzen.
Foto: Wirtschaftsministerin Eveline Lemke zieht Zwischenbilanz.
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Stefanie Mittenzwei
Pressesprecherin
Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung
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Ruth Boekle
Pressesprecherin
Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung
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