Sparkassenpräsidentin Läsch-Weber hob in Ihrer Begrüßung die große Bedeutung des Tourismus für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Rheinland-Pfalz hervor. Deutlich sprach sie auch die Herausforderungen für die Tourismusbranche an: „In Zukunft zählt dazu in besonderer Weise der demografische Wandel mit seinen Auswirkungen auf die Arbeitswelt. Die touristischen Leistungen sind standortgebundene Leistungen von Menschen für Menschen“, betonte Läsch-Weber. Die Veränderung in der Altersstruktur der Bevölkerung werde dazu führen, dass ein Wettbewerb um Nachwuchskräfte entstehen und der Fachkräftebedarf bei einer immer älter werdenden Belegschaft zum Engpassfaktor für die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen werden könne. „Hier setzt das Sparkassen-Tourismusbarometer an, das neben einer genauen Analyse der Ausgangslage konkrete Handlungsempfehlungen zur Sicherung der notwendigen Fachkräfte gibt. Nutzen Sie diese Expertise“, forderte Läsch-Weber die Anwesenden auf.
„Junge Menschen rechtzeitig fit für den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu machen, das ist ein Schwerpunkt für unsere rheinland-pfälzische Arbeitsmarktpolitik“, stellte Uwe Hüser, Staatssekretär im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium, klar. Dies geschehe zum Beispiel über den Ovalen Tisch für Ausbildung und das Weiterbildungsportal Rheinland-Pfalz, welches die wichtigsten Kursangebote und Informationen zur Weiterbildung bündelt. „Gerade im Tourismusbereich wird aufgrund der demografischen Entwicklung die Zahl der potentiellen Nachwuchsfachkräfte in den nächsten Jahren sinken. Wie wichtig der Landesregierung dieses Thema ist, zeigt sich auch dadurch, dass das Ziel, das Berufs- und Branchenimage des Tourismusgewerbes weiter zu verbessern, ein Strategiefeld in der Tourismusstrategie 2015 des Landes ist“, so Hüser weiter.
Prof. Dr. Mathias Feige, Geschäftsführer der dwif-Consulting GmbH, berichtete über die aktuelle Lage des Tourismus.Rheinland-Pfalz habe im ersten Halbjahr 2013 witterungsbedingt leichte Verluste bei den Übernachtungen gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum hinnehmen müssen (-2,7 Prozent), so Feige. Lediglich Rheinhessen konnte mit einem Plus von 4,7 Prozent sein Halbjahresergebnis zum Vorjahr verbessern. Die positive Stimmung bei den Touristikern im Land über die Hauptsaison lasse aber auf ein zumindest ausgeglichenes Ergebnis am Jahresende hoffen, führte Feige weiter aus. Langfristig habe Rheinland-Pfalz seit 2006 erfreuliche 1,1 Mio. Übernachtungen hinzu gewonnen, davon rund 450.000 durch ausländische Gäste. Allerdings sei die Wachstumsdynamik deutlich schwächer als in anderen Bundesländern, so Feige.
Obwohl Rheinland-Pfalz bei der Qualitätsentwicklung in vielen Bereichen starke Signale gesetzt habe und bei der Servicequalität sowie im Wandertourismus sogar bundesweit Maßstäbe setze, habe sich das Nachfrageplus der letzten Jahre noch nicht ausreichend in einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Basis der Betriebe niedergeschlagen, erläuterte Feige weiter. Optimistisch stimme ihn, dass die Auslastung stetig steige und die Zahl der Insolvenzen im Gastgewerbe langfristig leicht sinke. Sorgen bereiteten ihm jedoch die anhaltend sinkenden Umsätze sowie eine noch zu schwache Investitionsdynamik der Unternehmen. „Die Gästezufriedenheit ist schon heute auf einem guten Niveau, aber gerade im Südosten und entlang des Rheins noch weiter steigerungsfähig“, ermunterte Feige.
Die Ergebnisse des diesjährigen Schwerpunktthemas „Fachkräftesicherung für den touristischen Arbeitsmarkt“ stellte Karsten Heinsohn, Senior-Consultant des dwif, vor. Gutes Personal werde angesichts des branchenübergreifenden Wettbewerbs um qualifizierte Mitarbeiter zu einem der wichtigsten Erfolgsfaktoren der nächsten Jahre. Das Gastgewerbe, so Heinsohn, habe dabei mit seinen Rahmen- und Arbeitsbedingungen eine schwierige Ausgangssituation und stehe unter besonderem Druck. Knapp die Hälfte der gastgewerblichen Betriebe in Rheinland-Pfalz stehe bei der Besetzung ihrer Ausbildungsplätze vor großen Problemen. 2012 seien in Rheinland-Pfalz fast 300 Hotelfach- und Hotelkaufleute weniger ausgebildet worden als zehn Jahre zuvor. Aller Voraussicht nach werde sich diese Situation in den nächsten Jahren weiter verschärfen. Hinzu komme, dass die Zahl der Ausbildungsabbrüche hoch sei. Künftig werde es darauf ankommen, attraktive Ausbildungsbedingungen zu schaffen und auch lernschwache junge Menschen für einen Beruf im Gastgewerbe fit zu machen. Das Potenzial an Auszubildenden sei durchaus vorhanden, stellte Heinsohn fest. Mehr als die Hälfte der Jugendlichen zwischen 16 und 20 Jahren in Deutschland könnten sich nach einer repräsentativen Imageumfrage des dwif eine Arbeit im Tourismus vorstellen.
Auch auf dem Arbeitsmarkt sei die angespannte Lage spürbar. Der Anteil der unbesetzten Stellen im rheinland-pfälzischen Gastgewerbe sei höher als im Bundesdurchschnitt. In einigen Regionen bestehe akuter Handlungsbedarf. Zudem mache sich der demografische Wandel in Form einer veränderten Altersstruktur deutlich. Der Anteil älterer Beschäftigter ab 50 Jahren steige zu Lasten der jüngeren Altersgruppen kontinuierlich. Die Betriebe, so Heinsohn, seien jetzt gefordert. Nur wer sich über innovative Wege bei der Personalsuche und -führung als attraktiver und innovativer Arbeitgeber positionieren könne, habe gute Chancen, seinen Arbeitskräftebedarf auch in Zukunft adäquat zu decken. Gerade auf dem Arbeitsmarkt werde es in Zukunft darauf ankommen, attraktive Angebote für eine verbesserte Mitarbeiterbindung zu gestalten, gute Arbeitskräfte im Ausland zu finden oder ältere Beschäftigte durch entsprechende Rahmenbedingungen besser an den Betrieb zu binden. „Es werden diejenigen Betriebe bei der Mitarbeitergewinnung punkten, die zusätzliche Motivationsanreize und Mehrwerte bieten“, brachte es Heinsohn auf den Punkt.
Auch für Gereon Haumann, Präsident des Dehoga Rheinland-Pfalz, steht die Frage der Fachkräftesicherung im Hotel- und Gaststättengewerbe ganz oben auf der Prioritätenliste. „Wenn wir zukünftig Menschen - und es ist unerheblich ob junge Auszubildende oder Quereinsteiger jeden Alters - für unsere Branche gewinnen und sie an uns binden wollen, werden wir an unserer Personalpolitik kontinuierlich arbeiten müssen“, forderte Haumann und identifizierte drei wesentliche Handlungsfelder: „Wir werden die Qualität der Ausbildung sichern und verbessern. Wir werden die Weichen bezüglich der Arbeitsbedingungen und Entgelte in den Tarifverträgen stellen und dafür sorgen, dass diese flächendeckend eingehalten werden. Und wir werden in enger Kooperation mit verschiedenen Partnern, wie z. B. den Kammern, den Schulen, der Politik unser Image als Arbeitgeber verbessern.“ Die Berufe im Gastgewerbe seien kreativ, vielfältig, chancenreich, international und zukunftssicher. Das sei die Botschaft, die Verantwortlichen in der Tourismusbranche mit aller Kraft nach draußen tragen müssten, schloss Haumann seinen Apell.
Mit welchen Maßnahmen dem drohenden Fachkräftemangel begegnet werden kann, verdeutlichten drei Beispielbetriebe, die ihre Lösungsansätze präsentierten.
Hotel Villa Melsheimer in Reil
Dirk Melsheimer, Geschäftsführer des Hotels Villa Melsheimer, hat den Fachkräftemangel in Form abnehmender Bewerberzahlen selbst zu spüren bekommen. Er weiß, dass nur zufriedene Mitarbeiter seinem Betrieb langfristig zum Erfolg verhelfen. Darum kümmert sich der „Top-Ausbilder 2010“ intensiv um seine Auszubildenden, schafft bei der Einsatzplanung ausreichend Freiräume für Freizeit und unterstützt sie nach Kräften bei der Vorbereitung auf die theoretischen und praktischen Prüfungen. Für seine Schützlinge hat er sogar eigens eine „Azubi-WG“ eingerichtet. Kontinuität und Zufriedenheit unter seinen Mitarbeitern sind für ihn die Stellschrauben des Erfolgs. Dafür hat er für seine Mitarbeiter ein individuelles Bonussystem gestaltet, mit dem diese am betriebswirtschaftlichen Erfolg des Betriebs beteiligt werden. Positive Erfahrungen hat er zudem mit der Integration von Quereinsteigern im fortgeschrittenen Alter gemacht. „Ich kann anderen Betrieben nur empfehlen, hier mehr Offenheit zu zeigen und eigene Versuche zu starten. Wir haben es nicht bereut“, betonte Melsheimer. Sein Einsatz zahlt sich aus: Die Auszubildenden bringen Bestleistungen bei nationalen Wettbewerben, die Fluktuation in der Belegschaft ist sehr niedrig, und die hohen Zufriedenheitswerte seiner Gäste sprechen für sich.
Best Western Premier Bellevue Rheinhotel in Boppard
Marek Gawel, Geschäftsführer des Best Western Premier Bellevue Rheinhotels in Boppard, legt großen Wert auf ein persönliches Verhältnis zu seinen Mitarbeitern. Über Feedbackgespräche verschafft er sich regelmäßig einen Eindruck vom aktuellen Stimmungsbild in seiner Belegschaft. Seinen Mitarbeitern bietet er kostengünstige Wohnungen im eigenen Personalhaus an und bemüht sich um ein Angebot bedürfnisgerechter Arbeitszeitmodelle. Auch gegenüber der Einstellung von branchenfremden Quereinsteigern hat er keine Vorbehalte. „Was die Mitarbeiter an Fachwissen nicht mitbringen“, so Gawel, „bringen wir ihnen bei.“ Hierzu organisiert er regelmäßige Schulungen durch seine Abteilungsleiter und schickt Mitarbeiter zu Kursen bei regionalen Weiterbildungseinrichtungen oder lokalen Winzern.
Anlässlich des Sparkassen Tourismus Forums berichtete er von seinem betriebsinternen Azubiprojekt, das bereits landesweit Aufmerksamkeit erregte. Dabei konzipieren die Auszubildenden des vorhergehenden Jahrgangs weitgehend selbständig ein mehrtägiges Einführungsprogramm für die neuen Kollegen, um den Einstieg in den ersten Tagen zu erleichtern. Diesen Einsatz honoriert Gawel mit einem Wochenendgutschein in einem Partnerhotel in einer anderen Stadt. Großen Wert legt er zudem auf den Kontakt zu den Eltern seiner Auszubildenden.
Nells Park Hotel in Trier
Thomas Pütter führt das Nells Park Hotel in Trier und hat sich dem TotalQuality Management verschrieben. „Unsere Führungsprinzipien sind Klarheit und Transparenz, Befähigung durch Förderung und offene Kommunikation“, stellt Pütter fest. Das von ihm selbst entwickelte Führungs-Impuls-System - F.I.S. - umfasst einen umfangreichen Maßnahmenkatalog zur Führung und Förderung seiner Belegschaft. Die Einbindung aller Mitarbeiter in die Jahreszielplanung, die Gestaltung einer vielfältigen Meeting- und Feedbackkultur, die Installation eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, ein festes Programm an betriebsinternen Grundschulungen und ein spezielles Bonussystem für seine Führungskräfte sind ein Ausschnitt der Aktivitäten, mit denen die Zufriedenheit und Identifikation der Mitarbeiter gesichert und gesteigert werden sollen. Auch vor einer transparenten Kommunikation des monatlichen Betriebsergebnisses schreckt er nicht zurück. Mit Move up! hat er zudem ein eigenes Förderprogramm für seine Auszubildenden entwickelt, das ihm jedes Jahr hohe Bewerberzahlen garantiert. Zuletzt wurde dieses Engagement mit dem 2. Platz in der Kategorie Individualhotels beim Hospitality HR Award 2013 gewürdigt.
Dr. Achim Schloemer, Geschäftsführer der Rheinland-Pfalz Tourismus GmbH, betonte in seinem Schlusswort die Notwendigkeit der Fachkräftesicherung für die Tourismusbranche. Insgesamt sei es lohnenswert, weiter in den Tourismus und dessen Beschäftigte zu investieren, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu stärken. Dies erfordere auch neue Arbeitszeit-, Entlohnungs- und Motivationsmodelle und somit mutige Unternehmer, die ihre Belegschaft förderten sowie engagierte Mitarbeiter, die mit Leidenschaft im Hotel- und Gaststättengewerbe tätig seien. Er lobte das Engagement der rheinland-pfälzischen Sparkassen für den Tourismus mit dem gemeinsamen Ziel, die Zukunftsfähigkeit der Branche in Rheinland-Pfalz zu stärken.
Budenheim, den 25. September 2013
Sparkassenverband Rheinland-Pfalz
Christiane Becker
Tel. 06131 145-217
www.sv-rlp.de
Ministerium für Wirtschaft, Klimaschutz, Energie und Landesplanung Rheinland-Pfalz
Ruth Boekle
Tel. 06131 16-2549
www.mwkel.rlp.de
Hinweis:
Informationen finden Sie unterwww.s-tourismusbarometer.de. Ein unterjährig erscheinender Infobrief rundet das Gesamtangebot ab.
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