EU-Verfahrensvorschriften
Für Vergabeverfahren oberhalb der EU-Schwellenwerte gelten derzeit insbesondere folgende Richtlinien der Europäischen Union:
- Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (klassische Richtlinie),
- Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (Sektorenrichtlinie),
- Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (Konzessionsrichtlinie),
- Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG,
- Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren im Bereich des öffentlichen Auftragswesens (Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 89/665/EWG und 92/13/EWG).
Klassische Richtlinie, Sektorenrichtlinie und Konzessionsrichtlinie sind am 28. März 2014 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden und am 17. April 2014 in Kraft getreten. Der deutsche Gesetzgeber hat diese neuen Vergaberichtlinien fristgerecht zum 18. April 2016 im Vergaberechtsmodernisierungsgesetz vom 17. Februar 2016 (BGBl. I S. 203) und der Vergaberechtsmodernisierungsverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624) umgesetzt.
Für Vergabeverfahren, die vor dem 18. April 2016 begonnen haben, einschließlich der sich an diese anschließenden Nachprüfungsverfahren sowie am 18. April 2016 anhängige Nachprüfungsverfahren werden nach dem Recht zu Ende geführt, das zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens galt (§ 186 Abs. 2 GWB).
Nationale Verfahrensvorschriften
Die europäischen Vergaberichtlinien wurden in
- Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB),
- der Verordnung über die Vergabe öffentlicher Aufträge (Vergabeverordnung - VgV) und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB Teil A Abschnitt 2),
- der Verordnung über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung (Sektorenverordnung - SektVO),
- der Verordnung über die Vergabe von Konzessionen (Konzessionsvergabeverordnung - KonzVgV),
- der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB Teil A Abschnitt 3) und
- der Verordnung zur Statistik über die Vergabe öffentlicher Aufträge und Konzessionen (Vergabestatistikverordnung - VergStatVO)
in deutsches Recht umgesetzt.
Teil 4 des GWB enthält Regelungen zu den allgemeinen Grundsätzen der öffentlichen Auftragsvergabe, zum Anwendungsbereich des Vergaberechts oberhalb der EU-Schwellenwerte (Oberschwellenbereich), den Vergabearten und dem kompletten Ablauf des Vergabeverfahrens sowie zum Nachprüfungs- und Beschwerdeverfahren vor der Vergabekammer und dem Oberlandesgericht.
Die Vergabeverordnung trifft nähere Bestimmungen über das einzuhaltende Verfahren bei öffentlichen Aufträgen über Liefer- und Dienstleistungen im Oberschwellenbereich. Sie enthält u. a. Bestimmungen für die Schätzung des Auftragswertes, zur Vertraulichkeit von vergaberelevanten Informationen, zur eVergabe, zur Zulässigkeit der verschiedenen Vergabearten und Vorgaben für die einzelnen Phasen eines Vergabeverfahrens. Die bisherige Vergabe- und Vertragsordnung VOL Teil A Abschnitt 2 und die Vergabeordnung für freiberufliche Leistungen (VOF) sind in der neuen Vergabeverordnung aufgegangen. Den Besonderheiten der Vergabe von Bauleistungen werden durch Verweis in § 2 der Vergabeverordnung auf die Vergabe- und Vertragsordnung VOB Teil A Abschnitt 2 Rechnung getragen. Daneben enthält die Vergabeverordnung ein Sonderregime für die Vergabe von sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen sowie weitergehende Verfahrensvorschriften z. B. zur Beschaffung energieverbrauchsrelevanter Leistungen und von Straßenfahrzeugen und für die Vergabe von Architekten- und Ingenieurleistungen.
Die Sektorenverordnung regelt die Vergabe von öffentlichen Aufträgen im Bereich des Verkehrs, der Trinkwasserversorgung und der Energieversorgung. Entsprechend der bisherigen Systematik umfasst diese Rechtsverordnung neben den Regeln über die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen auch die Regeln über die Vergabe von Bauleistungen durch Sektorenauftraggeber zum Zwecke der Sektorentätigkeit. Zwar entspricht die Verordnung in weiten Teilen dem Aufbau der Vergabeverordnung. Während die Regelungen zur elektronischen Kommunikation und zur Zuschlagserteilung gar identisch sind, ergeben sich bei den Regelungen zu den Verfahrensarten und den Eignungskriterien zum Teil nicht unerhebliche Unterschiede.
Für verteidigungs- und sicherheitsrelevante Liefer- und Dienstleistungsaufträge findet die Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV) uneingeschränkt Anwendung. Dagegen gelten für die Vergabe von Bauaufträgen ausschließlich die Allgemeinen Bestimmungen des Teils 1 (mit Ausnahme des § 5) sowie die Teile 3, 4 (mit Ausnahme des § 43) und 5 VSVgV. Im Übrigen wird für Bauaufträge auf den neuen dritten Abschnitt der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A - VS) verwiesen (§ 2 Abs. 2 VSVgV).
§ 97 Abs. 6 GWB räumt den am Vergabeverfahren beteiligten Unternehmen ein subjektives Recht auf Einhaltung der Bestimmungen über das Vergabeverfahren ein. Der Rechtsschutz erfolgt in einem zweistufigen Kontrollverfahren durch verwaltungsinterne Vergabekammern des Bundes und der Länder und durch die Vergabesenate der Oberlandesgerichte. Weitere Informationen zur Vergabekammer Rheinland-Pfalz finden Sie hier.
Zu beachten ist auch im Oberschwellenbereich das Landestariftreuegesetz (Weitere Erläuterungen zu dem Landestariftreuegesetz finden Sie im Bereich nationale Vergabeverfahren sowie auf den Internetseiten des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz (vgl. externes Internetangebot).
EU-Schwellenwerte
Mit Verordnungen (EU) Nr. 2019/1827, 2019/1828, 2019/1829 und 2019/1830 vom 30. Oktober 2019 hat die Europäische Kommission die Schwellenwerte der EU-Vergaberichtlinien zum 01.01.2020 an die Schwellenwerte des WTO-Beschaffungsübereinkommens (Agreement on Government Procurement - GPA) angepasst. Da die Schwellenwerte des GPA in Sonderziehungsrechten ausgedrückt sind, die der Fluktuation des Devisenmarktes unterliegt, erfolgt regelmäßig alle zwei Jahre eine Anpassung der auf Euro lautenden Richtlinien-Schwellenwerte durch eine Verordnung der Europäischen Kommission.
Die Schwellenwerte ab 01.01.2020 betragen:
für Bauaufträge | 5.350.000 € |
für Liefer- und Dienstleistungsaufträge | 214.000 € |
für Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Bereich Trinkwasser- oder Energieversorgung oder im Verkehrsbereich (Sektorenbereich) und der Verteidigung und Sicherheit | 428.000 € |
für Konzessionsaufträge | 5.350.000 € |
Bekanntmachung öffentlicher Aufträge
Europaweite Bekanntmachungen erfolgen im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Union. Die verbindlichen Bekanntmachungsmuster und die Modalitäten für die elektronische Übermittlung der Bekanntmachung sind auf dem Informationssystem für die Europäische öffentliche Auftragsvergabe abrufbar.
Bekanntmachungen über Auftragsvergaben der rheinland-pfälzischen Landesverwaltung einschließlich der Landesbetriebe werden auf dem Vergabemarktplatz Rheinland-Pfalz (www.vergabe.rlp.de) veröffentlicht. Diese Bekanntmachungen können, soweit es sich hierbei um Vergaben oberhalb des EU-Schwellenwertes handelt, bei der Einstellung auch direkt an weitere (europaweite und nationale) Vergabeportale weitergeleitet werden.